Grundlagenforschung
Vorhofflimmern

Oskar-Lapp-Forschungspreis 2025
Dr. Funsho Emmanuel Fakuade
Die Rolle der intrazellulären Calcium-Pufferung bei persistierendem Vorhofflimmern
Vorhofflimmern (VHF) ist die häufigste klinisch diagnostizierte Herzrhythmusstörung und trägt maßgeblich zur weltweiten kardiovaskulären Mortalität bei. Die enge Assoziation mit Schlaganfällen, insbesondere bei älteren erwachsenen Patient*innen, macht es zu einem ernsten zunehmenden Gesundheitsproblem. Aufgrund der global steigenden Lebenserwartung ist mit einem signifikanten Anstieg der Prävalenz von VHF zu rechnen, was eine potenzielle Epidemie darstellt. Dieser Trend unterstreicht die Notwendigkeit eines tieferen Verständnisses der VHF zugrundeliegenden Mechanismen. Dieses Verständnis ist essenziell für die Entwicklung effektiverer und zielgerichteter Therapieoptionen.
Die Pufferung des intrazellulären Calciums ist essenziell für die Aufrechterhaltung der Calcium-Homöostase und die Regulation wichtiger zellulärer Funktionen. In Herzmuskelzellen ist nahezu 99% des Calciums an intrazelluläre Proteine gebunden, vor allem an das kardiale Myofilamentprotein Troponin C (cTnC), sodass nur etwa 1% als freies intrazelluläres Calcium vorliegt. Störungen dieses fein abgestimmten Gleichgewichts können zur Destabilisierung der Calcium-Signalwege führen und so die Funktion der Herzmuskelzellen beeinträchtigen. Es konnte bereits gezeigt werden, dass eine Beeinträchtigung der intrazellulären Calcium-Homöostase Teil der Pathomechanismen im Rahmen von persistierendem VHF ist. Die spezifische Rolle der zytoplasmatischen Calcium-Pufferung blieb jedoch unklar. Vor dem Hintergrund des Myofilamentprotein-Abbaus und der gestörten atrialen Kontraktilität bei VHF war der Beitrag der intrazellulären Calcium-Pufferung zu arrhythmogenen Veränderungen nur unzureichend erforscht.
Um die intrazelluläre Calcium-Pufferung bei persistierendem VHF zu untersuchen, wurde im Rahmen herzchirurgischer Operationen Gewebe des rechten Vorhofohrs von Patient*innen im Sinusrhythmus und mit VHF gewonnen. Mit Hilfe von Patch-Clamp-Messungen und simultaner Epifluoreszenzmikroskopie wurden die transmembranen Calcium-Flüsse sowie die Veränderungen des zytosolischen Calciums im zeitlichen Verlauf gemessen, um die intrazelluläre Calcium-Pufferung einzuschätzen. Vorhofmuskelzellen von Patient*innen mit persistierendem VHF zeigten dabei eine signifikante Reduktion in der Pufferkapazität (Bmax) im Vergleich zu gleichartigen Zellen von Patient*innen im Sinusrhythmus, was auf eine reduzierte Menge intrazellulärer Calcium-Puffer hindeutet. Gleichzeitig beobachteten wir verringerte Mengen der Myofilamentproteine, inklusive cTnC, was auf dessen Beteiligung an der Reduktion von Bmax hindeutet. Zur Untersuchung der arrhythmogenen Auswirkungen der beeinträchtigten Pufferung nutzten wir einen siRNA-vermittelten Knockdown von cTnC in von induzierten pluripotenten Stammzellen abgeleiteten Vorhofmuskelzellen, was die, bei persistierendem VHF beobachtete, reduzierte Calcium-Pufferung nachahmte. Diese Herzmuskelzellen wiesen vermehrte diastolische Calcium-Freisetzungsereignisse (Calcium-Sparks) sowie Alternanzphänomene auf, welche beide anerkannte arrhythmogene Mechanismen sind. Darüber hinaus konnten wir in einem ex vivo Mausmodell zeigen, dass eine pharmakologische Desensibilisierung der Myofilamente mittels Blebbistatin, entsprechend einer reduzierten Calcium-Pufferung, zu einer leichteren Induzierbarkeit von Vorhofflimmern führt. Diese Ergebnisse stützten unsere zellulären Beobachtungen. Interessanterweise konnten Calcium-Sensitizer wie EMD57033 die Frequenz der Calcium-Sparks normalisieren, sodass ein Einsatz dieser Medikamentenklasse eine potenzielle therapeutische Rolle spielen könnte.
Mit unserer Studie konnten wir einen direkten mechanistischen Zusammenhang zwischen der gestörten atrialen Kontraktilität und der Arrhythmogenese bei persistierendem Vorhofflimmern ermitteln. Insbesondere konnten wir demonstrieren, dass der Verlust von Myofilamentproteinen, vor allem eine verringerte cTnC-Menge, zu einer verminderten intrazellulären Calcium-Pufferung führt. Diese Störung der intrazelluläre Calcium-Pufferung begünstigt spontane Calcium-Freisetzungsereignisse und erhöht so die Vulnerabilität für Herzrhythmusstörungen der Vorhöfe.
Unsere Studie liefert überzeugende Belege, dass eine reduzierte intrazelluläre Calcium-Pufferung eine mechanistische Rolle in der Entstehung der Rhythmusstörungen bei persistierendem VHF spielt. Maßnahmen, die auf eine Verstärkung der intrazellulären Calcium-Pufferung ausgerichtet sind, könnten ein vielversprechender und neuartiger therapeutischer Ansatz sein, der zur Verhinderung des Fortschreitens und der Aufrechterhaltung von VHF genutzt werden könnte.
Es ist mir eine große Ehre, zu den Empfängern dieser prestigeträchtigen Auszeichnung zu gehören.
Ich bin allen Personen, die zu dieser Studie beigetragen haben,
sowie jedem Mitglied des Labors von Prof. Niels Voigt zutiefst dankbar.
Dr. Funsho Emmanuel Fakuade
Tätigkeit zum Zeitpunkt der Preisverleihung
Postdoktorand
Derzeitige Tätigkeit
Postdoktorand
Fakuade FE, Hubricht D, Möller V et al. Impaired Intracellular Calcium Buffering Contributes to the Arrhythmogenic Substrate in Atrial Myocytes From Patients With Atrial Fibrillation. Circulation. 2024 Aug 13;150(7):544-559. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.123.066577