Zellmigration
Thrombozyten
in der Immunabwehr
Oskar-Lapp-Forschungspreis 2018
Dr. Dr. med. Florian Gärtner
Die Rolle der Thrombozytenmigration in der bakteriellen Immunabwehr
Dr. Florian Gaertner beschäftigte sich in seiner Forschungsarbeit mit der „Rolle der Thrombozytenmigration in der bakteriellen Immunabwehr“.
Thrombozyten (Blutplättchen) sind bekannt für ihre Bedeutung in der Blutstillung und der Entstehung von Blutgerinseln. Ihre Fähigkeiten reichen allerdings weit darüber hinaus und so spielen sie eine entscheidende Rolle in einer Vielzahl weiterer (patho-)physiologischer Prozesse, die von der embryonalen Entwicklung und Tumorentstehung bis hin zur Immunabwehr reichen. Trotz dieser vielfältigen Aufgaben im menschlichen Organismus scheinen ihre zellbiologischen Fähigkeiten allerdings auf die in der Thrombusbildung beschriebenen Funktionen begrenzt zu sein. Dies sind insbesondere das Rollen und Anheften an der geschädigten Gefäßwand, sowie die darauffolgende Aggregatbildung. Unser Labor hat eine bislang unterschätzte Zellfunktion von Thrombozyten entdeckt und ihre pathophysiologische Bedeutung beschrieben – die Migration (Wanderung).
Licht- und Elektronenmikroskopischer Nachweis, dass Thrombozyten die Fähigkeit besitzen zu migrieren und Bakterien zu binden. Intravitalmikroskopische Analyse der patho-physiologischen Bedeutung der Blutplättchenmigration im Organismus.
Wir konnten zeigen, dass Thrombozyten nachdem sie an Gefäßverletzungen anheften nicht passiv an Ort und Stelle verweilen. Vielmehr benutzen sie aktiv Oberflächenrezeptoren um ihre direkte Umgebung auf mechanische Stabilität zu prüfen. Wenn die erzeugten Kräfte den Widerstand des gebundenen Substrats (z.B. das am Wundverschluss beteiligte Fibrin) überwinden können, fangen Thrombozyten an zu wandern (migrieren). Das hierbei abgelöste Fibrin und daran gebundene Partikel, wie z.B. Bakterien werden von den migrierenden Thrombozyten aufgesammelt. Wir konnten zeigen, dass Thrombozyten die Fähigkeit der Migration nutzen um geschädigte Gefäße zu observieren und gegebenenfalls eingedrungene Bakterien zu binden. Die dadurch entstehenden Plättchen-Bakterien-Bündel aktivieren wiederum professionelle Fresszellen, wie neutrophile Granulozyten. In der bakteriellen Sepsis mit Methicillin-resistenten Staphylokokkus aureus (MRSA) führt diese verstärkte Aktivierung der neutrophilen Granulozyten zu einem vermehrten Gewebeschaden. Die genetische Inhibition der Thrombozytenmigration im Mausmodell hatte demzufolge einen protektiven Effekt.
Thrombozyten besitzen die Fähigkeit zu migrieren. Sie können dadurch aktiv mit Bakterien interagieren und die Immunantwort des Organismus beeinflussen.
Die pharmakologische Inhibition der migrationsabhängigen Thrombozyten-Bakterieninteraktion könnte somit zur Behandlung des entzündungsbedingten Gewebeschadens im Rahmen schwerer systemischer Infektionen beitragen.
„Für die großzügige Förderung möchte ich mich ganz herzlich
bei der Oskar-Lapp-Stiftung bedanken“
Dr. Dr. med. Florian Gärtner
Tätigkeit zum Zeitpunkt der Preisverleihung
Assistenzarzt an der „1. Medizinischen Klinik und Poliklinik am Klinikum der Universität München“, München, Deutschland
Derzeitige Tätigkeit
Postdoctoral researcher am „Institue for Science and Technology (IST) Austria“, Klosterneuburg, Österreich
- Gaertner, F., et al. (2017). „Migrating platelets are mechano-scavengers that collect and bundle bacteria.“ Cell 171(6): 1368-1382. e1323.
- Gaertner, F. and S. Massberg (2019). „Patrolling the vascular borders: platelets in immunity to infection and cancer.“ Nature Reviews Immunology.
- Reversat, A., Gaertner, F. et al. (2020). „Cellular locomotion using environmental topography.“ Nature.